Dienstag, 21. Februar 2012

Karl Barth


"Karl Barth schreibt in seinem Buch zum „Römerbrief“: „Wer sich einmal rühmen, wer einmal als Mensch vor Menschen und vor Gott rechthaben will, der wird sich auch der tiefsten Versenkung ins Nicht-Ich und Nicht-Sein immer noch rühmen (womöglich seiner Unsicherheit und Gebrochenheit) und - als Mensch (nur als Mensch) Recht habend dastehen. Nein, der Boden des ,Gesetzes der Werke’ muss uns unter den Füßen zusammengebrochen sein. Kein ,Werk’, auch nicht das feinste und geistigste, auch nicht ein negatives Werk kann mehr in Betracht kommen. . . unsere Religion besteht in der Aufhebung unserer Religion, unser Gesetz ist die grundsätzliche Außerkraftsetzung alles menschlichen Erfahrens, Wissens, Habens und Tuns. Nichts Menschliches bleibt übrig, was mehr sein wollte als Hohlraum, Entbehren, Möglichkeit und Hinweis, als unscheinbarste unter den Erscheinungen dieser Welt, als Staub und Asche vor Gott, wie alles, was in der Welt ist. Der Glaube bleibt nur als Glaube übrig, ohne Selbstwert (auch ohne den Selbstwert der Selbstverleugnung!“
Das wurde geschrieben, zeitlich gesehen, zwischen dem „Prozess“ und dem „Schloss“.

Karl Barths eminenter Einfluss

Der Schweizer Pfarrer, der das von 1919 bis 1922 im Aargau schrieb, wurde sofort Honorarprofessor in Göttingen und dann zum einflussreichsten Theologen der Epoche. Und das durch die Auslegung des Paulusbriefes an die Römer. Dass weder in der Philosophie noch in der sogenannten schönen Literatur von diesem Erdbeben auch nur das Geringste gespürt wurde, eigentlich bis auf den heutigen Tag, das zeigt, wie anspruchslos diese Ausdrucksarten geworden und geblieben sind. Karl Barths Buch ist die praktizierte Zerstörung der Kulturkulisse, die uns vergessen macht, dass Rechtfertigung einmal unser Bedürfnis war. Übrig geblieben ist also das Rechthabenmüssen. Rechtzuhaben ist der akzeptierte Ersatz für Rechtfertigung. Eine Art Bewusstseinsimperialismus auch. Oft genug verbunden mit Macht und Machtgefühl. Zeitgeistopportunität. Was ist dennpolitical correctness anderes als eine Domestizierung des Gewissens, eine Passe-partout-Rechtfertigung? "aus http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/martin-walser-ueber-rechtfertigung-eine-versuchung-11521202.html

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